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Ein Stadtteil der rasanten Veränderungen: St. Pauli

26.06.2014

Lange Zeit galt St. Pauli, ein Stadtteil von Hamburg, als etwas verrucht. Man kannte ihn in so gut wie jedem Winkel der Erde. Das Image von Seemännern, Suff und leichten Mädchen scheint heute extrem antiquiert, denn hier hat in den letzten Jahren eine unglaubliche Veränderung statt gefunden, hin zu edlem, teurem Wohnen.

Früher waren die Wohnungen, die typisch für Hamburg St. Pauli waren, schlicht ausgestattet. Nicht wenige Wohnungen hatten Ofenheizung, die Fenster waren nicht standardmäßig doppelt verglast, kurz, der Wohnstandard war eher niedrig. Dementsprechend waren lange Zeit die typischen St. Paulianer auch eher ausländische Familien, Studenten, auch einige Gestrandete teilten sich dort Wohnungen. Was genau passiert ist, ob, wie manchmal behauptet, mit dem Einzug des Schmidt Theaters der Aufschwung von St. Pauli begann: Fakt ist, dass hier heute nur der eine Immobilie neu mieten kann, der zu den besser verdienenden Menschen gehört.

Nach oben fast keine Grenze

Natürlich sind auch hier Altbauten extrem beliebt, und es gibt auch allerhand größere, für Familien geeignete Wohnungen. Aber daneben sind auch wahre Luxusneubauten entstanden, die in seltsamem Kontrast zu den sie umgebenden alten Häusern stehen. Wer sich hier für eine Immobilie entscheidet, tut dies bewusst, denn hier hat er alles auf einmal: die Nähe zum Hafen, damit auch ein besonderes Flair, die Nähe zur City, beste Verbindungen und noch einen gewissen Nervenkitzel, den das Image Hamburg St. Paulis mit sich bringt. Diese neue Klientel, die sich zum Beispiel in den Häusern an der Bernhard-Nocht Straße ansiedelt und bereit ist, auch horrende Mieten zu zahlen, ist bei den alten St. Paulianern nicht unbedingt beliebt. Denn nicht nur die etwas künstlich anmutenden Häuser stören sie, auch die gesamte Umwandlung der Infrastruktur in Richtung "schicker Leben" passt nicht in den Stadtteil, so ihre Meinung.

Das Herz von St. Pauli - schlägt es überhaupt noch?

Mit dieser Turbo Gentrifizierung ging eben auch eine Veränderung der gastronomischen Szene wie auch des Angebots in den Geschäften einher. Die alten St. Paulianer können mit Geschäften wie "Schmakazien" wenig anfangen. Was sollen sie auch mit 10 verschiedenen Olivensorten bzw. Schinkensorten anfangen, davon abgesehen, dass sie sich weder das eine noch das andere leisten können? Eine Immobilie auf St. Pauli zu bewohnen oder besitzen, mag Trend sein, aber wer ein wenig sensibel ist, merkt auch, dass hier vieles aufeinander prallt, was nicht zusammen gehört. Für wen schlägt das Herz von St. Pauli - für die kleinen Leute, für Künstler oder auch für die Gestrandeten? Oder schlägt es für den, der sich hier eine Immobilie gehobenen Standards leisten kann?

Ein brisantes Pflaster

Dass St. Pauli gerne Austragungsort von Demos und sogar Straßenkämpfen ist, verwundert also nicht unbedingt. Eine Immobilie sollte erschwinglich sein, und das trifft auf viele Wohnungen in diesem Kiez von Hamburg eben nicht mehr zu. Kampf, Demos, auch Verzweiflung, zum Beispiel, als die Esso Häuser geräumt wurden, all dies kommt hier zusammen. Hinzu kommt ein Heer von Obdachlosen, die sogar mit all ihren Sachen direkt auf der Straße campieren. Wem gehört St. Pauli nun, den Armen oder den Reichen? Die Zukunft ist gewiss.