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Stifte, eine Kirche der Stille und Second Hand Läden: Altona Nord

03.07.2014

Ottensen und die Schanze sind aktuell Paradestadtteile. Da steppt der Bär in Hamburg, so finden viele, aber dazwischen liegt noch ein Kleinod mit ganz eigenem Charme und einer interessanten Mischung Altona Nord.

Altona Nord hört sich zunächst nicht spannend an, eher administrativ. Diesen Stadtteil umgibt auch nicht der Nimbus, den die Schanze mit ihren ehemals besetzten Häusern und der roten Flora umgibt. Aber man sollte sich nicht täuschen: Nicht erst, seit ein schwedisches Möbelhaus sich in Altona Nord ansiedeln will, hat dieser Stadtteil gewonnen bzw. erhöhte Aufmerksamkeit erzielt. Nein, es ist schon länger beliebt, hier zu wohnen, und das aus mehreren Gründen.

Ein bisschen wie Dorf in Hamburg

Wer vom Partytreiben in der Schanze oder auf St. Pauli genug hat, der sehnt sich danach, irgendwo zu wohnen, wo es etwas moderater zugeht. Das kann er mit dem um den Bahnhof Holstenstraße belegenen Teil von Hamburg sehr gut erzielen. Hier gehen die Uhren anders. Eine kleine Kirche liegt lauschig neben einem Stift, in dem nicht übermäßig begüterte ältere Damen ihren verdienten Lebensabend verbringen. Diese Kirche ist aber nicht nur niedlich anzusehen, sie ist innen sogar ein absoluter Hit. Seit einigen Jahren weist sie nämlich keine Bänke bzw. die Kanzel mehr auf, sondern ein großes Nichts, das sehr beliebt ist. "Kirche der Stille" nennt sich dieses sehr erfolgreiche Projekt, das von Pfarrerin Nauck engagiert betrieben wird. Tagsüber, von Montag bis Freitag, findet man hier nur - Stille.

Soul-Motion und Klezmer

Abends erwacht die Kirche zum Leben. Während tagsüber Menschen jeglicher Religionszugehörigkeit sich in den beeindruckenden, hellen Kirchenraum setzen, um zu sich zu kommen, wird abends Kultur in allen Facetten geboten. Hier trifft eine tolle Mischung von Musikstilen, aber auch ein vielseitiges Angebot an Meditationsseminaren auf ein interessiertes Publikum. Dieser Raum mit seiner speziellen Atmosphäre, der Weite und Helligkeit, bezaubert. Hier wird Soul-Motion getanzt, Klezmer Musik gelauscht und sich rege ausgetauscht. Ein bemerkenswerter Ort, der nicht bemüht hip sein will, aber genau darum so gut ankommt. Wer diese für Hamburg, aber auch Deutschland insgesamt einmalige Kirche verlässt, die Gassen davor betritt, denkt: Hier möchte ich gerne wohnen.


Die andere Seite der Max-Brauer Allee

Zwischen der nun ziemlich - schwedisch motiviert - gentrifizierten Neuen Große Bergstraße und der Max-Brauer Allee hat sich ein nettes Biotop halten können, das sich um das Stadtteilzentrum Haus Drei, auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses gelegen, herum gruppiert. Hier findet der netteste Flohmarkt von ganz Hamburg statt, man fühlt sich wie Familie. Hier sind auch Gruppen zu finden, die den Multi-Kulti Aspekt abbilden, der diesen Teil ausmacht. Auch der eine oder andere kleine Laden mit Second-Hand Mode, wie das Café cum Ladengeschäft "Labro", findet hier seine Nische und ein aufgeschlossenes Publikum. Diese Ecke wird zum Wohnen immer beliebter, da sie eben nicht krampfhaft schrill oder cool sein möchte. Hier ist Hamburg Altona noch gut gemischt, es regiert nicht unbedingt das Geld, sondern die Ideen und Initiativen. Wer Hamburg besucht, sollte ruhig die gewohnten Pfade geringfügig verlassen und sich in den schmalen Straßen rund um die Max-Brauer Allee treiben lassen. Wirklich spannend!